Cosima Meyer (Universität Mannheim)

„Konflikterfahrung in Kombination mit einer Frauenquote kann dazu führen, dass die Frauen länger an der Macht bleiben.“

Ein Interview mit Cosima Meyer

geführt von Sarah Gina Febriana

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Cosima Meyer (Bachelor und Master in Politikwissenschaft) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft IV an der Universität Mannheim und in der “Data and Methods Unit” des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung. Sie promoviert an der Universität Mannheim in der quantitativen Konfliktforschung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf der Nachkriegsstabilität, der Rolle von Frauen in Nachkriegsländern und der Kooperation von Autokratien. Darüber hinaus engagiert sie sich ehrenamtlich für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Universität Mannheim und für die Förderung und Vernetzung von Frauen in der Wissenschaft. Im Interview gibt sie WUMAN Einblicke in ihre spannenden und vielfältigen Projekte.

 

Sarah Gina Febriana: Herzlich Willkommen zu unserem Interview für das Projekt WUMAN. Wir freuen uns sehr, dass Sie teilnehmen und dass wir und andere Wissenschaftler*innen, die Möglichkeit erhalten, Sie und Ihre Forschung ein bisschen besser kennenzulernen. Als erstes würde ich Sie bitten, sich in einigen Sätzen selbst vorzustellen.

Cosima Meyer: Danke für die Einladung. Ich heiße Cosima Meyer und bin Doktorandin in der Politikwissenschaft. Mein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Konfliktforschung. Zur Analyse meiner Forschungsfragen nutze ich Methoden aus dem Bereich Computational Social Sciences – der Verbindung von Sozialwissenschaften und Datenanalyse. Gleichzeitig lehre ich an der Universität Mannheim an der sozialwissenschaftlichen Fakultät, genauer am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft/Internationale Beziehungen in meinem Forschungsschwerpunkt und quantitativen Methoden. Ich unterrichte dabei also nicht nur inhaltliche Seminare sondern auch statistische Übungen, um so eine Brücke zwischen statistischen Methoden und der Konfliktforschung zu bauen.

S.G. F.: Und was sind dabei Ihre Forschungsinteressen?

C. M.: In der Forschung finde ich besonders die Konfliktforschung und die Transformationsforschung interessant. Zum Beispiel untersuche ich, wann und wieso Länder nach Bürgerkriegen stabil bleiben und nicht wieder zurück in einen Konflikt fallen. Dabei lege ich einen besonderen Fokus auf Leadership survival. Das bedeutet, dass ich untersuche, ob und unter welchen Umständen Staatsoberhäupter an der Macht bleiben. In der Transformationsforschung betrachtet man die Autokratisierung und Demokratisierung von Ländern. Gerade nach Konflikten ist die politische Transformation eines Landes sehr spannend. Ich untersuche hier zum Beispiel die Autokratisierung von Ländern und unter welchen Umständen Autokratien miteinander kooperieren.

S. G. F.: Sehr spannend. Und was sind Ihre aktuellen Projekte?

C. M.: Zur Zeit arbeite ich an mehreren Projekten. In einem Projekt geht geht es beispielsweise um Leadership survival in post-conflict countries; wieso und unter welchen Umständen bleiben post-conflict head of state (Staatsoberhäupter in Nachkriegsländern) an der Macht? Mehr als die Hälfte dieser Staatsoberhäupter schafft es nicht drei Jahre nach Kriegsende an der Macht zu bleiben. Mein Argument basiert einerseits darauf, dass nicht alle Nachrkriegsländer gleich sind. Die Forschung hat zum Beispiel herausgefunden, dass die Nachkriegsstabilität nach klaren Siegen eher gewährleistet ist als nach Friedenserklärungen. Anderseits argumentiere ich, dass die persönliche Erfahrung, die jedes Staatsoberhaupt mit bringt, maßgeblich zur „Überlebenswahrscheinlichkeit“ beiträgt. Ein Staatsoberhaupt kann also zum Beispiel vorherige militärische oder politische Erfahrung gesammelt haben. Ich nehme an, dass das Staatsoberhaupt beim Erwerben der Erfahrungen auch eine Netzwerkstruktur aufgebaut hat, die es unterstützt und ihm beim Machterhalt hilft. Ich argumentiere, dass die unterschiedlichen Nachkriegsszenarien unterschiedliche Erfahrungen benötigen.

In einem anderen Projekt untersuche ich zusammen mit Britt Bolin Frauen in post-conflict politics. Wir fragen uns dabei, warum Frauen in der Nachkriegszeit an der Macht bleiben. Aus der Forschung wissen wir bis jetzt, dass Konflikte wie Bürgerkriege enormes Potential für Frauen bieten, Zugang zu klassisch männerdominierten Berufen oder Positionen zu erlangen. Gründe hierfür sind zum Beispiel, dass Posten frei werden und Frauen so die Möglichkeit erhalten diese — oftmals ursprünglich vornehmlich Männern vorbehaltenen Positionen —übernehmen zu können oder auch müssen. Im europäischen/deutschen Kontext wären die „Trümmerfrauen“ ein Beispiel dafür. Die Forschung hat auch gezeigt, dass Frauen in Nachkriegsländern signifikant häufiger an der Macht sind. Wir wissen allerdings nicht, ob dieser Effekt auch eine langfristige Wirkung hat. Das heißt, wir wissen nicht, wie lange die Frauen an der Macht bleiben oder ob es sich umkehrt und Männer diese Positionen zurückfordern. In unserer Forschung können wir zeigen, dass vor allem eine Frauenquote, d.h. eine institutionelle Regelung, in Nachkriegsländern einen langfristig positiven Effekt auf einen hohen Anteil von Frauen in Kabinetten hat. Um das zu untersuchen haben wir einen weltweiten Datensatz über die Anzahl an Frauen in Kabinetten erstellt, der es uns auch in der Zukunft erlaubt noch disaggregiertere Forschungsfragen zu analysieren.

Außerdem habe ich zwei weitere Projekte, bei denen ich mich intensiver mit internationaler Kooperation und der Beziehung von Staaten zueinander beschäftige. An diesen Projekten arbeite ich zusammen mit Dennis Hammerschmidt. Wir fragen uns zum Beispiel in einem Projekt, ob die zunehmende Präsenz Chinas als Geldgeber von foreign aid [Geld für Entwicklungszusammenarbeit, Anmerkung der Redaktion] zu einer Veränderung in der Staatenbeziehung führt. Ein traditioneller Hauptgeber von foreign aid sind eigentlich die USA; China wird aber als alternativer Förderer immer präsenter. Wir untersuchen die Veränderung der Staatenbeziehungen am Beispiel der Reden in den Vereinten Nationen (UN). Tendenziell erwarten wir, dass Länder Geldgebern von foreign aid gegenüber positiv gestimmt sind. Kommt nun aber China als alternativer Geldgeber auf den Markt, erwarten wir eine Veränderung in der Beziehungsstruktur, die sich durch zunehmende Kritik an den USA äußert. Einen besonderen Fokus legen wir hierbei auf die Nachkriegsländer. Wenn man der Forschung der development traps folgt, kann foreign aid zur Stabilität in diesen Ländern beitragen. Bei development traps wird angenommen, dass diese Länder durch Armut oder Konflikte in ihren Entwicklungsstadien gefangen sind und eine Art „Anschub“, z.B. wirtschaftlich, benötigen, um sich weiterzuentwickeln. Die Forschung hat dazu gezeigt, dass die Stabilität wahrscheinlicher ist, wenn ein Land ökonomisches Wachstum erfährt. Foreign aid wird hierbei als Anschub für die ökonomische Entwicklung angesehen. Um diese Fragen zu beantworten, nutzen wir neueste Methoden in der Textanalyse, um herauszufinden, ob Geberländer negativ oder positiv adressiert werden.

In einem weiteren Projekt untersuchen wir die Kooperation zwischen Autokratien. Aus der Forschung wissen wir, dass Demokratien viel miteinander kooperieren und Autokratien tendenziell eher als unbeliebte Kooperationspartner gelten. Mit Hilfe von Netzwerkanalyse versuchen wir zum einen Kooperationsmuster zwischen Autokratien zu erklären und analysieren auch die daraus entstehenden Effekte auf eine Autokratisierung.

S. G. F.: Das klingt sehr interessant. Sie haben auch am Mannheimer Zentrum für europäische Sozialforschung (MZES) gearbeitet. Könnten Sie uns davon erzählen?

C. M.: Gerne. Ich habe dort dieses Jahr in der Unterabteilung „Data and Methods Unit“ gearbeitet. Der Hauptanteil meiner Arbeit bestand darin, Wissenschaftler*innen bei Problemen mit Daten oder quantitativen Methoden zu unterstützen. Sie konnten uns als Team ansprechen und wir haben daraufhin Hilfe angeboten und Tipps gegeben. Gleichzeitig wurden auch Forscher*innen im Rahmen des Social Science Data Labs eingeladen, Methoden, die sie nutzen, vorzustellen. Da es sich hierbei um innovative Methoden handelt, wollten wir diese einem breiteren Publikum zur Verfügung stellen. Deshalb haben wir den Blog „MZES Methods Bites“ gegründet. Hier posten wir Beiträge mit kleinen „How-to tutorials” — wir haben zum Beispiel Posts zu Textanalyse, Visualisierung von Ergebnissen, Visual inference, oder aber auch zu Webscraping.

S. G. F.: Sie haben viel geforscht. Könnten Sie uns sagen, was Sie an Ihrer Arbeit oder Forschung besonders spannend finden?

C. M.: In meiner Forschung beschäftige ich mich vor allem mit „Nachkriegsstabilität“. Die Forschung hat gezeigt, dass die Hälfte aller Länder, die aus Konflikten kommen, auch oft wieder in den Konflikt zurückfallen. Die Frage ist also: Warum ist das so? Wenn man sich überlegt, dass Bürgerkriege durchschnittlich sieben bis sechszehn Jahre andauern und verheerend sein können, dann zeigt sich die Relevanz dieses Themas. Es ist ein Thema, mit dem wir uns humanitär beschäftigen müssen. Wir müssen uns fragen, was können wir tun, damit diese Länder aus diesem Teufelskreis herauskommen? Das finde ich unglaublich spannend. Neben der thematischen Relevanz meines Themas finde ich die universitäre Arbeit extrem inspirierend, weil man in unterschiedlichen Teams arbeitet und so im (kreativen) Austausch mit anderen Forscher*innen steht. Durch diese Teamarbeit generiert man neue Ideen und man merkt immer wieder, dass man nie auslernt. Ich lerne immer wieder etwas Neues und das ist täglich immer wieder eine neue Herausforderung.

S. G. F.: Ihre Forschung hat dann wichtige praktische Implikationen.

C. M.: Ja, das hoffe ich. Zu wissen, dass meine Forschung Bezüge zur Wirklichkeit hat, hat mich immer motiviert. Ich möchte praxisnahe und relevante Forschung betreiben. Ich finde gerade in meinem Feld die Verbindung von Theorie und Praxis interessant, da dies uns hilft, relevante Fragestellungen mit wissenschaftlich adäquaten Methoden von vielen Seiten zu beleuchten und in den weltpolitischen Kontext zu integrieren. Man verlässt dabei den akademischen Elfenbeinturm und versucht, das zu untersuchen, was die Menschen wirklich direkt betrifft.

S. G. F.: Das ist ein gutes Ziel. Wir kommen dann zu unserer letzten Frage. Sie leiten auch noch einen Verein, der Rationale Altruisten heißt. Was ist das genau?

C. M.: Die Rationalen Altruisten gibt es schon seit 2000 an der Universität Mannheim und wir haben nächstes Jahr unser 20-jähriges Jubiläum. Der Verein dient der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der sozialwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Mannheim. Ich bin seit 2016 Vorsitzende bei den Rationalen Altruisten. Zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern und auch unabhängigen Auswahlkomitees treffen wir Entscheidungen zur Förderung von wissenschaftlichen Projekten. Unter wissenschaftlichem Nachwuchs verstehen wir Bachelor- und Masterstudierende sowie Doktoranden. Da es besonders auf Bachelor- oder Masterniveau schwer ist, Fördermöglichkeiten zu finden, schließen wir mit unserer Förderung eine Lückedie wir unter anderem bieten. Dazu gehört zum Beispiel die Finanzierungshilfe von Bachelor- und Masterarbeiten. Hier unterstützen wir Studierende finanziell bei der Bezahlung von Probanden, Experimenten oder auch durch eine Bezuschussung für die Datensatzbeschaffung.

Man kann sich bei uns aber auch auf andere Fördermittel bewerben, wie z.B. travel grants für Konferenzreisen. Dafür schreiben wir zweimal jährlich den Rationale Altruisten Travel Grant aus. Zusätzlich vergeben wir auch Preise, die herausragende Bachelor- und Masterarbeiten in Politik, Soziologie und Psychologie ehren.

S. G. F.: Und warum heißt es „Rationale Altruisten”?

C. M.: Es heißt „rational“, weil an der Universität Mannheim die klassische Rational Choice Theory gelehrt wird. Altruistisch ist der Gegensatz von egoistisch; man gibt, ohne etwas dafür zu verlangen oder einen direkten eigenen Nutzen davon zu haben. Die Kombination der beiden Begriffe „rational“ und „Altruist“ in Rationale Altruisten ist also eigentlich widersprüchlich; das macht es meiner Meinung nach aber gerade interessant. In Kürze kann man sagen, dass die Rationalen Altruisten die Mannheimer Nachwuchswissenschaftler altruistisch fördern.

S. G. F.: Ach so. Das passt dann natürlich. Dann war das unser Interview. Ich danke Ihnen nochmal für das spannende Interview und wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute für die Zukunft.

C. M.: Danke, dass ich teilnehmen durfte.

Dr. Amina Kropp (Universität Mannheim)

„Und die Forschung, das ist ein Traum.“

Ein Interview mit Dr. Amina Kropp geführt von Hanna Weiß.

Das heutige Interview mit Dr. Amina Kropp kommt gleich auch noch mit einem Filmtipp daher, den wir euch damit ihr ihn nicht überseht, gleich zu Beginn geben möchten: Am 30.11.2019 wird „Elja“ im MDR ( für Nachteulen: 01.05 nachts) gezeigt und ihr könnt den Film danach auch noch einige Tage in der Mediathek nachschauen. Was es damit auf sich hat und was das mit Amina Kropp zu tun hat erfahrt ihr im Interview mit ihr.

KROPP

Dr. Amina Kropp ist Akademische Rätin am Romanischen Seminar der Universität Mannheim.  Neben ihrem Forschungs­interesse dem Vulgärlatein, der Entwicklung zu den Romanischen Sprachen sowie der (historischen) Pragmatik, befasst sie sich aktuell mit dem Themenkomplex der „Mehrsprachigkeit“.

Nachdem sie in Heidelberg und Paris (Sorbonne) Romanistik und Latinistik studiert hat, promovierte Amina Kropp in Frebiburg und arbeitete danach als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Heidelberg und München. Seit 2010 ist sie nun in Mannheim angekommen.

So und wieso ist Forschung denn nun ein Traum? Lest hier was Amina Kropp dazu sagt.

Hanna Weiß:  Guten Tag und herzlich Willkommen zu unserer Interview-Reihe zur „Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen“ im Rahmen des einjährigen Jubiläums des WUMAN-Netzwerkes.

Wir sind hier heute bei Frau Amina Kropp und freuen uns sehr hier sein zu dürfen. Vielleicht stellen Sie sich zu Beginn selbst in einigen Sätzen vor.

Amina Kropp: Ich bin akademische Rätin am romanischen Seminar der Universität Mannheim in der Abteilung Sprach- und Medienwissenschaft. Kurz zu meinem Werdegang: ich habe in Heidelberg Latein und Romanistik studiert, und war da auch für ein Jahr in Paris (Sorbonne). 2006 habe ich promoviert, zu einem etwas abseitigen Thema und zwar Fluchtafeln im Vulgärlatein, das ist schwarze Magie in der Antike und Spätantike, was so ein bisschen ein Randgebiet der Romanistik ist und auch eine Brücke zwischen der Latinistik und der Romanistik darstellt. Dann habe ich eine Zeit lang als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Alten Geschichte in Heidelberg gearbeitet und war für ein Post-Doc-Jahr 2008/2009 in München in einem Sonderforschungsbereich, der auch primär historisch ausgerichtet war. 2010 bin ich dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin am romanischen Seminar nach Mannheim gekommen, seit 2012 akademische Rätin und vertrete hier unsere drei Philologien, diese sind Französisch, Spanisch und Italienisch. Das vertrete ich in der Lehre sehr stark, da ich eingebunden bin von der Einführungsphase – also die Vorlesungen, die wirklich der Einführung der Studierenden in das Thema dienen – bis hin zu den Masterstudiengängen, wo ich sowohl Lehre als auch die Fachstudienberatung für einen Masterstudiengang, nämlich den MaKuWi (Kultur und Wirtschaft), übernehme.

 

H.W.: Und was sind Ihre Forschungsinteressen?

A.K.: Meine Forschungsinteressen lassen sich ja schon etwas an meinem Werdegang ablesen. Also ich habe zum Einen, vor allem am Anfang, eine starke historische Ausrichtung gehabt, vielleicht auch dadurch, dass ich eben Latein studiert habe und meine Promotion dann auch in diesem Bereich gemacht habe. Das heißt, ich interessiere mich für das sogenannte Vulgärlatein, das ist das gesprochene Latein, aus dem sich die romanischen Sprachen entwickelt haben, für die Sprachgeschichte der romanischen Sprachen und speziell auch für das was man Pragmatik nennt, also Pragmalinguistik in einem historischen Kontext. Ich habe mich dann, gerade in Mannheim, da hier der Schwerpunkt Mehrsprachigkeit und Migration ist, ganz stark darauf orientiert und interessiere mich jetzt im Moment für Mehrsprachigkeit und Spracherwerb, ganz speziell auch im Kontext von Migration, aber auch in historischen Kontexten. Das Film-Projekt „Elja“, das im Zusammenhang mit der sogenannten Flüchtlingskrise entstanden ist und für das wir Anfang 2016 vom Regisseur des Filmprojektes, Herrn Kubica von der Filmakademie Ludwigsburg, angefragt wurden, hat dann so beide Interessen zusammengeführt. Das war auch ein Punkt, an dem wir mal an eine größere Öffentlichkeit gehen konnten und das Thema Migration, Sprachbarrieren und Ähnliches in diesem Kontext angeschaut haben. Wir haben dann unser sprachliches Know-how eingebracht und so bei diesem Film mitgewirkt, der wirklich auch sehr schön ist, gerade um zu zeigen, dass Migration und alles was damit zusammenhängt, die ganzen Konfliktpotenziale, einfach eine menschliche Konstante sind. Das war eine tolle Gelegenheit, das Ganze auch in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, zu zeigen, dass unsere Arbeit auch immer noch Anknüpfungspunkte an die Gegenwart hat.

H.W.: Und was sind dann Ihre aktuellen Projekte?

A.K.:  In meinem aktuellen Projekt im Bereich Mehrsprachigkeit und Spracherwerb, geht es genau darum, herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit, also das was, vor allem junge, Menschen aus Migrationssituationen an Mehrsprachigkeit mitbringen im Fremdsprachenunterricht zu nutzen. Wichtig ist hier also, dass man bedenkt, dass es tolle Ressourcen gibt, aber eben auch Schwierigkeiten. Das Thema Mehrsprachigkeit muss so ganz besonders behandelt werden. Das Ziel dieser Arbeit ist auch die Professionalisierung von Fremdsprachenlehrkräften (Sekundarstufe) für den konstruktiven Umgang mit herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit im schulischen Fremdsprachenunterricht. Hier gibt es auch eine Verbindung zwischen Migrationslinguistik, Herkunftssprachenforschung und Tertiärsprachenerwerb, also Folgefremdsprachen im schulischen Kontext. Dies ist hoch spannend, da es so viele Aspekte miteinander verbindet, da es an der Schnittstelle zwischen Sozio- und Kognitionslinguistik liegt, das heißt, man sich nicht nur anschaut, dass der Kontext wichtig für den Spracherwerb und Spracherhalt ist, sondern man auch schaut, was in den Köpfen der Sprecher passiert. Da gibt es aber auch noch sehr viele blinde Flecken, die man noch beforschen kann. Daneben habe ich auch immer noch den zweiten Fuß in der Historie, da planen wir aktuell mit Herrn Prof. Müller-Lancé, ein Übungsbuch zu Latein für Romanisten.

H.W.: Wieso haben Sie sich dazu entschieden in Ihrem Bereich zu arbeiten?

A.K.:  Die Romanistik ist zum Einen ein unglaublich vielseitiges Gebiet, da kann man von der Historie bis hin zu ganz aktuellen Fragestellungen einfach sehr viel abdecken. Was die Romanistik außerdem auszeichnet, ist, dass sie ein genuin mehrsprachiges Feld ist, man kann bis zu 15 romanischen Sprachen zählen. Das heißt, man hat immer diese Mehrsprachigkeit und Sprachvergleichsaspekte dabei. Des Weiteren ist der Bereich anschlussfähig für ganz aktuelle Fragestellungen, weil die romanischen Sprachen auch einfach die Schulfremdsprachen sind und umgekehrt, es auch sehr viel Migration aus romanisch sprachigen Ländern gibt, also das heißt, man hat immer den doppelten Blick auf die Dinge. Die speziellen Interessen, gerade dieses Historische, das ist eben irgendwie immer mit dabei gewesen. Das Interesse an der Migrationslinguistik und Mehrsprachigkeit hängt auch mit sprachgeographischen Faktoren zusammen. Ich habe selbst Migrationshintergrund und das sind Einblicke, die ich so aus der Binnenperspektive habe, die vielleicht viele Forscher nicht haben, weil sie eben diese Erfahrung nicht gemacht haben. Ich merke das auch immer im Zusammenhang mit meinen Lehrveranstaltungen, die ich natürlich auch sehr stark auf das Thema ausrichte, dass man das auch ganz anders vermitteln kann, dass man die Studierenden ganz anders anspricht und auch ganz andere Resonanz, gerade auch von Menschen mit Migrationshintergrund, zurückbekommt. Das alles deckt also alle meine Interessen, und auch das Sprachbiographische, sehr gut ab.

H.W.:  Und was ist der für Sie spannendste Aspekt an Ihrer Arbeit?

A.K.: Da habe ich auch lange drüber nachgedacht, denn die Arbeit ist so vielseitig, dass es eine ganze Menge spannender Aspekte, auch auf unterschiedlichen Ebenen, gibt. Auch auf der Stelle, auf der ich jetzt bin; da geht es um Forschung, um Lehre, aber tatsächlich auch sehr viel um Management, da ich verschiedene Koordinationsaufgaben habe. Es ist sehr schön zu sehen, wie man innerhalb einer Institution so viel bewegen kann, aber auch so viele Strukturen schaffen und erhalten, und so viel Personalverantwortung übernehmen kann. Das ist ein Aspekt, den ich hochspannend finde. Dann natürlich, das Thema Forschung und Lehre. Hier kann man sich neue Dinge über spannende Argumente aneignen und diese auch an junge Menschen weitergeben. Besonders schön ist, dass man so auch bei ihnen eine Leidenschaft und Enthusiasmus für Themen entfachen kann. Oder auch im Dialog mit Studierenden zu merken, wie viel man selbst von den Studierenden lernen kann. Und dann die Forschung, das ist natürlich ein Traum. Das ist das Thema, das man sich ausgesucht hat, zu dem man auch einen ganz persönlichen Bezug hat, in dem man zum einen kreativ tätig wird, weil man Forschungslücken aufdeckt, man Dinge zusammendenkt und wo man auch seine eigenen Gedanken formulieren kann und diese in den Forschungsdiskurs einbringen kann. Und gerade beim Thema Migration merkt man dann auch stark das mediale Echo, oder wie ich auch schon eben mit dem Film sagte, das sind Dinge, die eben sehr anschlussfähig sind an alles, was aktuell passiert. Das ist etwas, das mich seit meiner Dissertation immer wieder fasziniert hat. Ein Beispiel dafür ist, altes Material mit neuen Theorien auszuleuchten, also Dinge zusammen zu denken, die so vorher vielleicht noch nicht zusammen gedacht waren. Insbesondere also Verbindungen zu ziehen, blinde Flecken aufzudecken und einfach auch mal abseitige Themen aufzuarbeiten und ihnen neue Aspekte zu entlocken. Ich glaube, das ist eine ganz privilegierte Situation, dass wir das so machen dürfen an der Universität in unseren Fächern. Und das ist natürlich einfach das Spannendste und ich glaube, das hat auch einfach sehr viel mit einem selbst, der Forscherpersönlichkeit, zu tun.

H.W.: Sehr spannend. Dann bedanken wir uns noch einmal für das sehr interessante Gespräch und auf Wiedersehen.

A.K. : Vielen Dank auch für die tolle Gelegenheit, auf Wiedersehen.

 

 

Prof. Dr. Karina Karst (Universität Mannheim)

„Mit viel Spaß und Freude an der Arbeit lässt sich so mancher Spagat meistern.“

Im Podcast berichtet Prof. Dr. Karina Karst über ihre spannende Forschung genauso wie über den Spagat zwischen Familie und Beruf. Was auch hier wieder anklingt ist: ein Netzwerk ist wichtig und hilft enorm bei der Koordination von verschiedenen Lebensbereichen.

Karina Karst ist seit 2016 Juniorprofessorin an der Universität Mannheim und leitet die Arbeitsgruppe „Unterrichtsqualität in heterogenen Kontexten“. In ihrer Arbeitsgruppe beschäftigt sie die Forschung zu Heterogenität als Kontextfaktor für Bildungs­erfolg. Zentral sind hier Fragen nach dem professionellen Umgang mit Heterogenität seitens Lehrkräften und Schüler*innen.

Neben ihrer wissenschaftlichen Karriere stemmt sie mit ihrem Mann gemeinsam noch ein weiteres Berufsfeld und drei Töchter. Sicherlich ist sie ein Role-Model dafür dass es nicht immer „entweder-oder“ heißen muss!

Dr. Christine Möhrs (IDS)

WUMAN war zu Gast bei Dr. Christine Möhrs im Institut für deutsche Sprache.  Das Interview führte Hanna Weiß.

Dr. Christine Möhrs hat in Hannover deutsche Sprachwissenschaft, Sozialpsychologie und BWL studiert und ist aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Lexik sowie wissenschaftliche Referentin in der Direkton des Instituts für deutsche Sprache (IDS) und erzählt im Interview einiges über ihre Forschung und auch über ihren Arbeitsalltag. Neben ihrer Forschungstätigkeit ist Frau Möhrs Mitglied im Leibniz Postdoc Network und (zusammen mit Anne Mucha) Mitglied im Lenkungskommitee des Netzwerkes.

Im FSS20 könt ihr Dr. Christine Möhrs auch persönlich bei WUMAN kennenlernen (Termin wird noch bekannt gegeben, Augen offen halten!).

Saraswathi Ramasamy (Universität Mannheim)

„Mithilfe meiner Befunde, ist es möglich, das Lernen besser zu steuern.“

Ein Interview mit Saraswathi Ramasamy

Geführt von Sarah Gina Febriana

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Saraswathi Ramasamy hat ihren Master-Abschluss in Psychologie – Lernwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) absolviert. Vorher arbeitete sie als Sonderpädagogin am PRAYATNA – Centre for Educational Assessment and Intervention in Chennai, Indien. Dort arbeitete sie mit Kindern mit unterschiedlichen Lernschwierigkeiten. Aktuell ist sie Promovendin am Center for Doctoral Studies in Social and Behavioral Sciences (CDSS) und verfasst ihre Dissertation im Bereich pädagogischer Psychologie. Im Interview spricht sie insbesondere über ihr Dissertationsprojekt.

Sarah Gina Febriana:  Einen schönen guten Tag und herzlich Willkommen zu unserem Interview für das Projekt „Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen“ von WUMAN. Wir freuen uns, dass sie an unserem Interview teilnehmen und wir und andere Wissenschaftler*innen die Chance bekommen, Sie und Ihre Forschung besser kennenzulernen.

Saraswathi Ramasamy: Dankeschön, ich freue mich auch.

S.G. F.: Könnten Sie sich bitte in wenigen Sätzen kurz vorstellen?

S.R.: Ich bin Saraswathi Ramasamy. Ich promoviere am Lehrstuhl für pädagogische Psychologie und mein Forschungsschwerpunkt ist „formatives assessment“. Ich schlage ein neues theoretisches Modell des „formativen Ansatzes“ vor und ich habe dieses Modell mit einer Metaanalyse untersucht. Um bestimmte Aspekte der Befunde aus meiner Meta-Analyse weiter zu explorieren, habe ich mein Modell zusätzlich experimentell getestet. Aktuell schreibe ich meine Dissertation und werde hoffentlich bald fertig.

S.G. F.: Das wünschen wir Ihnen auch. Das ist super. Könnten Sie die Begriffe „formatives assessment“ und „formativen Ansatz“ vielleicht noch einmal für fachfremde Leser*innen erklären?

S.R.: „Formative assessment“ kann als „assessment of learning” erklärt werden. Im Gegensatz zu Evaluationen, die am Ende des Lernprozesses stattfinden, kommt das „formative assessment“ bereits während des Lernprozesses zum Einsatz, damit das Lernen verbessert werden kann. Allerdings ist „formative assessment“ nicht auf eine reine Evaluation beschränkt, sondern involviert Feedback an die Lernenden sowie das Verbessern von Instruktionen basierend auf dem Ergebnis von Evaluationen. Deswegen stelle ich ein umfassendes Modell des „formatives assessment“ auf, welches ich „formativen Ansatz“ nenne. Dieses Modell beinhaltet alle Aspekte des formativen Ansatzes. Mein Modell ermöglicht ein klares Verständnis des formativen Ansatzes, welcher wiederum eine passende Umsetzung in Schulklassen und anderen Lernumgebungen ermöglicht.

S.G. F.: Könnten Sie uns dann bitte auch erzählen, warum Ihre Forschung wichtig ist?

S.R: Meine Forschung liefert sowohl theoretische Implikationen für die Konzipierung des formativen Ansatzes als auch praktische Implikationen für die Unterrichtsqualität. Mit Hilfe meiner Ergebnisse kann man entscheiden, was für den Unterricht wichtig ist und wie man ihn gestalten kann. Ich untersuche ganz genau die Lerneffekte von einzelnen Komponenten meines Modells und basierend auf diesen Befunden ist es möglich das Lernen besser zu steuern.

S.G. F.: Das klingt sehr praxisnah. Haben Sie auch andere Projekte, an denen Sie im Moment arbeiten?

S.R.: Nein, momentan habe ich keine anderen Projekte, nur meine Dissertation und meine Lehrveranstaltung.

S.G. F.: Zu welchem Zeitpunkt in Ihrem Leben haben Sie sich für eine Karriere in der Forschung entschieden?

S.R.: Erst nach der Masterarbeit beziehungsweise während der Masterarbeit. Ich wollte weiter forschen und deswegen habe ich mich für eine Promotion und eine Doktorarbeit entschieden.

S.G. F.: Sehr interessant. Sind Sie auch noch in anderen Institutionen oder Organisationen professionell tätig oder konzentrieren Sie sich gerade auf das Schreiben Ihrer Dissertation?

S.R.: Momentan bin ich in keiner anderen Institution tätig, sodass ich mich auf meine Dissertation konzentrieren kann.

S.G. F.: Das war dann auch unser Interview. Wir bedanken uns nochmal recht herzlich bei Ihnen und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und ihre zukünftigen Projekte.

S.R.: Danke für das spannende Gespräch!

Dr. Atika Pasha (University of Mannheim)

We are working on providing at least some posts in English and translating some of them. So here we go…this weeks interview is with Dr. Atika Pasha.

Dr. Atika Pasha is a Post-Doctoral Researcher at the chair of Econometrics at the University of Mannheim. As part of the WUMAN interview series she talks about her research interests which include gender research (female empowerment and economic growth). The interview was held by Sarah Gina Febriana.

 

Britt Bolin (Universität Mannheim)

WUMANgoesInterview geht in die nächste Runde. Heute mit Britt Bolin.

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Britt Bolin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für politische Ökonomie der Universität Mannheim und arbeitet außerdem bem American Political Science Review. Im Podcast berichtet sie über ihre spannende Forschung (u.a. zu Quoten in der Politik). Nachdem sie bei unserer Veranstaltung zu den Frauen Wirtschaftstagen 2019 dabei war, eine weitere Chance etwas über sie zu erfahren.

Das Interview führte Sarah Gina Febriana.

 

Dr. Daniela Ackermann-Piek (GESIS)

Dieses Mal gibt es für euch etwas zum Anhören…und zwar einen Podcast mit Dr. Daniela Ackermann-Piek.

 

Daniela Ackermann-Piek_2019

Frau Ackermann-Piek hat Soziologie an der Technischen Universität Chemnitz studiert und schon direkt nach ihrem Abschluss als wissenschaftliche Mitarbeiterin an ganz verschiedenen Stationen gearbeitet. Seit November 2017 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei GESIS im Team Survey Operations mit Schwerpunkt auf Interviewer(innen)effekte und -trainings.

Im Podcast erzählt sie uns mehr über ihre Arbeit und ihren Werdegang.

Das Interview führte Hanna Weiß.

Dr. Tamara Marksteiner (Universität Mannheim)

„Zu sehen, dass meine Forschung wirklich einen direkten Impact hat, ist wohl der spannendste Aspekt.“

Ein Interview mit Dr.in Tamara Marksteiner

Geführt von Hanna Weiß

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Hanna Weiß: Hallo und herzlich Willkommen zu unserem Interview für die Reihe „Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen“ von WUMAN. Wir freuen uns sehr, heute hier sein zu dürfen und würden Sie bitten, sich zu Beginn in wenigen Sätzen kurz vorzustellen.

Tamara Marksteiner: Danke für die Möglichkeit. Ich bin Tamara Marksteiner und bin Post-Doc Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie bei Herrn Professor Dickhäuser hier an der Universität Mannheim. Ich habe tatsächlich nicht Psychologie studiert, sondern Diplom Sozialwissenschaften. Es gibt hier ein paar Personen, gerade im pädagogischen oder im Bildungskontext, die keinen psychologischen Hintergrund haben, sondern Erziehungswissenschaftler*innen, Soziolog*innen oder ähnliches sind. Ich habe allerdings tatsächlich in der Psychologie promoviert und war einige Zeit am Deutschen Institut für internationale pädagogische Forschung in Frankfurt, wo ich im PISA-Team gearbeitet habe. Das war auch sehr spannend. Ich war im internationalen Projektmanagement, sodass ich für die Hintergrundfragebögen, die bei PISA immer mitlaufen, zuständig war. Dort habe ich mit meinen Kolleg*innen mit den ganzen Ländern, die an PISA teilnehmen, die Items und Fragen verhandelt, damit sie auch international vergleichbar sind. Es war sehr spannend, Einblicke in ein so großes Forschungsprojekt zu bekommen. Aber als Oliver Dickhäuser mir dann hier die Stelle angeboten hat, war ich auch ganz glücklich, wieder meine eigenen Themen verfolgen zu können. Zu dem Zeitpunkt war ich auch das erste Mal schwanger und dann hat das ganz gut gepasst, wieder zurückzukommen, da ich ursprünglich aus Heidelberg komme.

H.W.: Sehr spannend. Und was sind Ihre Forschungsinteressen?

T.M.: Insbesondere interessiere ich mich aktuell für soziale Eingebundenheit von Lernenden in ihren Bildungskontext und welche Auswirkungen das auf das Wohlbefinden hat. Dazu zählen eher sogenannte nicht kognitive Bildungsergebnisse und weniger die Leistung, wobei das natürlich auch ein wichtiger Faktor ist, den ich mir immer wieder anschaue. Ich gucke insbesondere auf den Zusammenhang bei stigmatisierten Gruppen, also zum Beispiel Bildungsbenachteiligten, Studierenden mit Migrationshintergrund oder Personen aus bildungsfernen Schichten; oder auch Frauen im MINT Bereich. Dazu habe ich auch gerade ein Projekt mit den Wirtschaftsmathematiker*innen und den Informatiker*innen laufen. Unsere erste Erhebung ist auch abgeschlossen. Meine beiden Studentinnen, die in das Projekt eingebunden sind, haben sich die Daten schon mal angeschaut und finden Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Zum Beispiel zeigt sich, dass sich weibliche Studierende weniger stark eingebunden fühlen. Jetzt hoffen wir natürlich, dass die bald stattfindende Intervention auch Wirkung zeigt.

H.W.: Sehr spannend!

T.M.: Ja, das ist jetzt gerade mein Forschungsschwerpunkt in der Post-Doc Phase. Wobei ich auch einen DFG-Antrag eingereicht habe, wobei noch nicht klar ist, was daraus wird. Da schaue ich mir auch die kognitiven Prozesse an, die dem ganzen unterliegen, also warum ist es so, dass sich Studierende mit einem Migrationshintergrund in der Universität erstmal nicht ganz zugehörig fühlen. Da interessiert mich, ob das vielleicht self-to-stereotype-matching-Prozesse sind. Das würde bedeuten, dass sich die Studierenden überlegen: „okay, so sieht ein stereotypischer Studierender aus. Habe ich die gleichen Eigenschaften?“ und dann würden sie vielleicht sagen „Ja, ich habe die gleichen Eigenschaften, also gehöre ich dazu“ und umgekehrt könnten sie sagen „hmm, naja, der typische Informatiker ist eigentlich männlich und wenn ich an die Stereotype denke, dann bin ich das genaue Gegenteil“. Die kognitiven Prozesse, die dabei dahinterstecken, interessieren mich. Das Interesse ist ein bisschen aus meiner Historie heraus entstanden, da ich lange auch bei den Sozialpsychologen während meines Studiums gearbeitet habe und einer meiner Doktorväter war auch aus der Sozialpsychologie. Deswegen verwende ich ganz stark diese sozialpsychologischen Theorien, aber im angewandten Kontext, das ist mir ganz wichtig. Reine Grundlagenforschung ist nichts für mich. Vielleicht mal so nebenbei in einem Projekt, aber nicht schwerpunktmäßig.

H.W.: Sehr interessant. Gibt es sonst noch Projekte, in denen Sie aktuell tätig sind?

T.M.: Das sind die Erhebungen, die ich aktuell am Laufen habe. Aber ansonsten ist mein zweiter Schwerpunkt noch das Arbeiten mit Datensätzen wie PISA, also Sekundäranalysen. Dabei schaue ich mir thematisch schon eher „social belonging“ oder die soziale Eingebundenheit an und wie sich das auf das Wohlbefinden auswirken kann. Ich arbeite auch gerade mit Marc Philipp Janson zusammen an einem Manuskript und wir schauen uns die Moderatoren für diesen Zusammenhang an. Es ist empirisch gut belegt, dass sich das soziale Zugehörigkeitsgefühl auf das Wohlbefinden auswirkt. Da haben wir uns angeschaut, wie das auf verschiedenen Ebenen, also individuelle, schulische oder länderebene, aussieht.

H.W.: Und warum haben Sie sich dafür entschieden, in diesem Bereich zu arbeiten?

T.M.: Da habe ich im Vorfeld schon überlegt, welcher Bereich gemeint ist, und das ist natürlich zum einen die Wissenschaft. Und die macht mir einfach Spaß. Bereits als Hilfskraft habe ich geglüht für die Arbeit und dafür, Erhebungen durchzuführen, um zu gucken, was Neues kommt. Aber dabei überlegt man sich auch, warum manche Dinge so sind, wie sie sind. Ich bin immer noch neugierig für Wissen und was dahintersteckt. Ich habe auch häufig geguckt, was mich im Anwendungsbereich interessieren könnte, gerade weil viele, mit denen ich studiert habe, dann in die Marktforschung gegangen sind oder zu irgendwelchen Personalvermittlungsagenturen. Ich habe auch verschiedene Praktika gemacht, aber irgendwie bin ich immer wieder hier her zurückgekommen. Hier ist es auch gerade das freie Arbeiten, was ich so toll finde. Besonders als Mutter bin ich für die zeitliche Flexibilität sehr dankbar, aber auch diese Autonomie, mir eigenständige neue Dinge zu überlegen und in Projekten zu untersuchen, ist mir sehr wichtig.

H.W.: Das ist auch total schön, dass das mit Ihrer Familie und Ihrem Beruf so gut klappt. Das kann bei Frauen auch häufig ein Thema sein.

T.M.: Ja, das stimmt. „Klappen“ ist so eine Sache. Wenn ich mich vergleiche, wie es war, als ich noch keine Kinder hatte vs. jetzt mit Kindern, dann fällt mir natürlich auf, dass ich jetzt ein ganz anderes Leben habe und da auch andere Prioritäten setze. Zum Beispiel habe ich während meiner Doktorandinnenzeit bestimmt so 10-12 Stunden im Büro verbracht, aber das mache ich jetzt nicht mehr. Ich könnte es zwar, wenn mein Mann die ganze Zeit auf die Kinder aufpasst, aber das möchte ich gar nicht. Ich bekomme auch sehr viel Unterstützung von meinen Eltern, was auch ein wichtiger Punkt ist. Ich glaube, dass es bestimmt eine größere Herausforderung ist, wenn man niemanden hat, der sich auch mal um den Nachwuchs kümmern kann.

H.W.: Ja, dass kann ich mir auf jeden Fall auch vorstellen. Was ist denn der spannendste Aspekt an Ihrer Arbeit?

T.M.: Viele Dinge. Einmal auf jeden Fall der praktische Teil. Wenn man in die Daten schauen kann und sieht, ob die Intervention funktioniert hat und weiß, dass man einer Gruppe von Studierenden geholfen hat, ihren Notenschnitt zu heben, dann ist das ein tolles Gefühl. Der eine Teil ist natürlich das in-die-Daten-Schauen und sehen, was signifikant geworden ist, aber das andere ist auch dieser praktische Aspekt. Zu sehen, dass meine Forschung wirklich einen direkten Impact hat, ist wohl der spannendste Aspekt.

H.W.: Das kann ich verstehen. Das klingt auch sehr spannend. Dann sind wir auch schon am Ende unseres Interviews. Ich möchte mich nochmal herzlich für das interessante Gespräch bedanken. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und Ihre weiteren Projekte.

T.M.: Vielen Dank, dass ich hier sein durfte.

 

Juliane Elter (Universität Mannheim)

„Die bislang größte Herausforderung war die thematische Umorientierung!“

Ein Interview mit Juliane Elter

Geführt von Hanna Weiß

Foto Frau Elter

Hanna Weiß: Hallo und herzlich Willkommen, wir sind heute hier für unsere Interviewreihe für das Projekt WUMAN. Die Reihe beschäftigt sich mit der Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen und das Ziel ist es, Frauen an der Universität Mannheim sichtbarer zu machen. Wir möchten heute ein Interview mit Juliane Elter führen und wir würden uns freuen, wenn Sie sich in einigen Sätzen kurz selbst vorstellen könnten.

Juliane Elter: Hallo, schön, dass Sie da sind. Mein Name ist Juliane Elter. Ich bin Doktorandin im Fach Anglistik bzw. anglistische Sprachwissenschaften und bin hier zurzeit auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Anglistische Linguistik/ Diachronie beschäftigt. Meine Aufgaben umfassen hier neben Lehre und Forschung auch die Mitarbeit an laufenden Lehrstuhlprojekten.

HW.: Sehr interessant. Können Sie uns einmal sagen, was Ihre Forschungsinteressen sind und womit Sie sich zurzeit beschäftigen.

J.E.: Meine Forschungsinteressen umfassen sowohl die diachrone als auch die synchrone Syntax und Semantik, Sprachwandel und Sprachkontaktphänomene, so wie die korpuslinguistische Untersuchung des Englischen und des Deutschen. Die Argumentstruktur von Verben ist als Schnittpunkt zwischen Syntax und Semantik der Hauptansatzpunkt meiner Dissertationsarbeit und somit auch ein Teil meiner Forschungsinteressen. Zurzeit bin ich neben der Mitarbeit an organisatorischen Aufgaben in der Beantragung von Drittmittelprojekten, beispielsweise bei der DFG [Deutsche Forschungsgemeinschaft, Anm. d. Red.], aber vor allem in der Lehre tätig. Außerdem bin ich Mitherausgeberin und Copy-Editorin des lehrstuhleigenen open-access Magazins „Mannheim Papers in Multilingualism, Acquisition, and Change“ oder kurz „MAPMAC“. Das ist für mich sehr interessant, da ich nicht nur die forscherische Seite, sondern auch die herausgeberschaftliche Seite kennenlernen kann.

H.W.: Möchten Sie uns dann Ihr eigenes Projekt kurz vorstellen?

J.E.: Ja, gerne. Meine Dissertation beschäftigt sich mit der Integration skandinavischer Lehnverben in das Englische zwischen dem 8. und dem 11. Jahrhundert. Meine Forschung informiert inhaltlich die historische Sprachforschung zum Englischen und die Effekte, die der Sprachkontakt mit Dialekten des Altnordischen zu dieser Zeit auf die verbale Lexis hatte; wichtiger dabei sind mir aber die Argumentstrukturen der Verben und ihre semantischen Klassen im Englischen. Das ist also der größere Objektbereich, den ich dort untersuche. Die Lexis, die aus diesem Sprachkontakt in das Englische eingegangen ist, umfasst einen relativ kleinen Anteil der englischen Lexis. Es ist aber ein Bereich, der im englischen Sprachgebrauch hochfrequent ist, also Verben, Nomen und Adjektive, die sehr oft im Alltag verwendet werden. Besonders im Bereich der Nomen ist hier bereits viel geforscht worden, die Verben aber lassen noch Fragen offen. Eines dieser Verben, die durch den Sprachkontakt mit dem Altnordischen beeinflusst sind, ist „give“ – ein Verb mit dem ich mich bereits in meiner Masterarbeit zum Entstehen des englischen to-dative beschäftigt habe.

H.W.: Das klingt alles sehr spannend. Was waren einige Herausforderungen, die Sie bereits gemeistert haben?

J.E.: Ich bin mir ganz sicher, dass in den nächsten Jahren noch viel größere Herausforderungen auf mich zukommen werden. Ich habe ja auch erst dieses Jahr angefangen mit der Arbeit an meiner Dissertation. Die bislang größte Herausforderung war aber die Bearbeitung meines Masterarbeitsthemas im Rahmen des laufenden DFG-Projekt BASICS: Die Ergebnisse meiner Masterarbeit waren wertvoll und interessant für die Arbeit des Projektes, eine Ausweitung dieses Ansatzes auf ein Dissertationsprojekt war jedoch nicht aussichtsreich genug. Deswegen habe ich dann während meiner Arbeit hier am Lehrstuhl ein halbes Jahr intensiv nach einem neuen Thema gesucht und die methodische und theoretische Grundlage meiner Masterarbeit auf eine andere Sprachkontaktsituation neu orientiert. Diese Situation, zu wissen, dass man mit seinem lange bearbeiteten Thema auf nichts Neues kommt und deswegen umdenken muss, war sehr lehrreich. Das hat mich in meinen wissenschaftlichen Fähigkeiten wachsen lassen und mich darin bestärkt, immer nach noch offenen Fragen zu suchen.

H.W.: Das finde ich sehr interessant, auch nochmal eine neue Sichtweise von jemandem zu bekommen, der vielleicht nicht schon immer an dem gleichen Thema forscht.

J.E.: Genau, es ist ja auch sehr unterschiedlich wie Dissertationsthemen gefunden und ausgearbeitet werden.

H.W.: Ja, das stimmt. Dann sind wir auch schon am Ende des Interviews. Ich möchte mich nochmal herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich die Zeit für unser Interview genommen haben und wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft.

J.E.: Dankeschön, dass ich mitmachen durfte.